Die Wand

Es gibt viele Wege, mit einem Problem umzugehen. Man kann es übersehen. Einfach nicht hingucken. Wegfühlen, ausweichen, unter den Teppich und so. Das ist ok, Probleme sind geduldig. Oder man nimmt sich vor, es in den Griff zu kriegen. Schließlich gibt es Berater, Freunde und Partner, die einem dabei helfen. Einige Probleme geben sich damit zufrieden, andere kommen wieder, meistens in etwas größerer Ausführung. Dann muss man sich mehr anstrengen, mehr desselben investieren. Anstrengend, aber auch ok. Manche Menschen verbringen ihr ganzes Leben mit dem Versuch, es in den Griff zu kriegen. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der das wirklich geschafft hätte.

Wenn man irgendwann genug hat, darf man aufhören zu kämpfen. Dann beginnt etwas ganz Neues. Man beginnt sozusagen das Problem selbst zu nutzen. Das Problem hat nichts dagegen, es führt einen innerlich wie äußerlich dorthin, wo das Leben einen haben will. Man lässt sich von ihm belehren und so lange in-form-ieren, ein-formen, gestalten und verändern, bis das Problem keins mehr ist, weil die ihm eigene Lösung zu wirken beginnt. Wenn ein Problem seine Information losgeworden ist, wird es sich auflösen. Auftrag erfüllt.

Dies ist der einfachste und wirksamste Weg, mit Problemen jeder Art umzugehen. Man nimmt das Problem nicht als eine Fehlstelle in der Welt, sondern als ein Signal des Lebens („Problem“ heißt sinngemäß übersetzt: „das, was das Leben vor mich hin wirft“). Das ergibt die nachhaltigsten Lösungen, denn man selbst wird gelöst. Es verbraucht keine Kraft, sondern schenkt welche, aber:

Es verlangt Mut und eine innere Umkehr. Anstatt sein Leben in den Griff kriegen zu wollen, lässt man sich vom Leben gestalten, tragen und erfüllen. Mitten im eifrigen Europa. Ich selbst lasse mich seit einiger Zeit auf diese Weise des Lebens und Arbeitens ein. Wenn es gelingt, habe ich wie von selbst viel Kraft und leichte, erfüllte Tage. Wenn nicht, wird es anstrengend.

Wenn Sie mit einem Problem zu mir in die Beratung oder zur Aufstellung kommen, geschieht etwa folgendes: Wie groß Ihr Problem auch sei, ich werde Sie nicht enteignen. Probleme lassen sich nicht wegnehmen wie etwa ein Stück Land oder ein Auto. Falls wir versuchen sollten, Ihr Problem zu entsorgen, würde seine Lösung ja gleich mit auf den Müll fliegen. Man sieht es ihm meistens nicht an, aber: jedes Problem enthält seine Lösungen in sich. Es öffnet sich nach bestimmten einfachen Regeln. Sie mögen ungewohnt klingen, aber sie gelten eigentlich schon immer, seit es Menschen gibt:

Wir bitten Ihr Problem, uns gemeinsam herein zu lassen. Dann warten wir. Das Problem schaut uns an. Wir lassen uns anschauen. Vielleicht etwas ungewohnt, aber notwendig. Das Problem öffnet sich, nach seiner eigenen Zeit. Wir treten ein. Beide. Zu zweit ist es besser. Wir gehen zusammen und schauen uns um. Jetzt lassen wir uns von dem Inneren Ihres Problems anschauen. Möglicherweise öffnet es sich immer mehr. Ganz weit. Es lässt uns hinunter gehen in seine Tiefe. So weit hinunter, wie wir beide es wagen.

Wir schauen. Uns widerfährt alles Mögliche. Wut, Angst, Schmerz, Trauer, Verlorensein, Liebe, Erstaunen, Leichtigkeit, Entspannung, Stille. Diese Dinge haben vielleicht schon lange darauf gewartet, wahrgenommen zu werden. Wenn Sie sich erschrecken sollten, dürfen Sie sich an mir festhalten. Manches, was Sie unbedingt brauchen, kommt jetzt zu Ihnen. Manches, was nicht mehr zu Ihnen gehört, fällt jetzt vielleicht ab. Eines nach dem anderen.

Sie wandeln sich. Es geschieht einfach, ohne unser Zutun – das Problem macht seinen Job. Wir beide wandeln uns auf dem Weg durch das Problem. Langsam geht es aufwärts. Wenn wir ganz hindurchgegangen sind, entlässt uns das Problem, sozusagen auf seiner Rückseite. Wir sind durch, atmen tief. Falls Sie sich noch mal umdrehen möchten, bitte. Möglicherweise werden Sie nicht mehr viel von Ihrem Problem erkennen. Dann hat es seinen Dienst getan und darf sich auflösen.

Sie kommen jetzt allein weiter, ich auch. Bis zum nächsten Problem, bis zur nächsten Wandlung. Schließlich leben wir alle in wachsenden Ringen. Neulich habe ich einen guten Satz gehört: „Probleme sind psychologisch, Lösungen spirituell.“

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