Inklusion von Behinderung

Blog, Krankheit und Liebe

Ein Jugendlicher, der seit Jahren nicht sprach, ließ sich auf eine kleine Serie von Einzelaufstellungen ein – und begann wieder zu reden. Eine blinde Frau beeindruckte mich als die untrüglichste und präziseste Stellvertreterin, die ich je erlebt habe. Sie konnte offenbar alles spüren. Ich selbst stand mehrfach für geistig oder körperlich behinderte Menschen in deren Rollen.

Dabei erfuhr ich Überraschendes über die Funktion ihrer Behinderung. Sie scheint wie jedes gravierende Schicksal mit dem inneren Gleichgewicht ihrer Familien verbunden zu sein. Ich sah, dass niemand an einer Behinderung „schuld“ ist – es gibt keine Schuldigen. Es gibt im Gegenteil eine Leistung, die man würdigen muss. Sie ist singulär, so wie jede einzelne Behinderung unvergleichbar und singulär ist. Ich habe ebenso gesehen, dass sich Angehörige oder Pflegende häufig einem höheren Leidensdruck aussetzen als die behinderten Menschen selbst. Wozu sie das tun, schien wiederum jeweils mit dem eigenen Ort in ihrer Kindheitsfamilie zusammenzuhängen.

In dieser Perspektive bekommt das Wort Inklusion („hereinnehmen“, „einschließen“ anstatt „ausschließen“) einen anderen Klang. Es geht offenbar nicht darum, behinderte Menschen eifrig in eine unreflektierte „Normalität“ hineinzupressen, sie allumfassend zu bemuttern und bis zum Anschlag zu fördern. Es geht eher darum, ihre Lebensleistung zu sehen und sie als Menschen mit einer besonderen Funktion wahrzunehmen. Was brauchen sie, um angesichts ihrer Behinderung mit der eigenen Kraft in Kontakt zu kommen? Welche Lebensräume können und wollen sie sich unabhängig von ihrer Behinderung erschließen, welche werden ihnen möglicherweise durch ihr Handicap erst zugänglich?

Die Aufstellungsarbeit scheint in gewissem Sinne „barrierefrei“ zu sein. Sie geht mit einem Resonanzfeld um, welches den Körper, die Gefühls- und die Gedankenwelt und damit die gesamte Wahrnehmung erfasst. Sie ist sowohl für Menschen mit körperlichen als auch mit geistigen Behinderungen geeignet. Aufstellungsarbeit verlässt sich nicht vordergründig auf die rationalen Fähigkeiten ihrer Klienten, sondern auf ihr offenes Herz. Mir selbst hat dafür sicher mein Sohn die Augen geöffnet. Er kam mehrfach behindert zu Welt und führt heute als junger Erwachsener ein intensives Leben – in dem Rollstuhl seiner Wahl. Er sagt: „Es ist nichts Schlimmes dabei. Wir sind Menschen wie alle anderen. Wir sind einfach da.“

Wenn Sie als behinderter Mensch, als Angehörige oder als betroffene Institution Fragen bzw. Anliegen haben, fühlen Sie sich frei, mit mir Kontakt aufzunehmen.

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